Hypothekenbanken
Hypothekenbanken haben im wesentlichen zwei Geschäftsfelder. Zum einen vergeben sie Hypothekendarlehen, zum zweiten gehört zu ihren Geschäften der Staatskredit. Die für die Vergabe von Darlehen benötigten finanziellen Mittel besorgen sie sich am Kapitalmarkt. Kapital, das langfristig zur Verfügung stehen soll, beschafft eine Hypothekenbank durch die Ausgabe von Pfandbriefen.
Ein Pfandbriefsystem entstand in Deutschland im Jahre 1769 auf der Grundlage einer Order Friedrichs II. Nach dem Siebenjährigen Krieg (1756-1763) lagen die Güter des preußischen Adels darnieder, und die Junker brauchte dringend Geld, um sie wieder aufzubauen. Aus diesen wirtschaftlichen Erwägungen heraus führte der König Friedrich der Große ein Pfandbriefsystem ein, mit dem die Adeligen kreditiert wurden. 1770 wurden die adligen Großgrundbesitzer in preußischen Provinzen auf öffentlich-rechtlicher Basis in den sogenannten Landschaften zwangsweise zusammengeschlossen. Diese Landschaften gaben Schuldverschreibungen aus, mit denen sie die Kredite refinanzierten, die sie an ihre Mitglieder ausgereicht hatten. Mit der Schuldverschreibung erwarb der Eigentümer des Papiers ein unmittelbares Pfandrecht an einem der Güter, das zum Zwecke der Kreditaufnahme von seinem Gutsbesitzer verpfändet worden war. Ähnliche Schuldverschreibungen nennt man heutigentags Hypothekenbriefe. Das von Friedrich II. entwickelte System der Pfandbriefe fand bald Verbreitung in ganz Europa.
Die erste deutsche Hypothekenbank wurde am 8. Dezember 1862 in Franl fürt am Main gegründet (Frankfurter Hypothekenbank). Zahlreiche weitei Hypothekenbanken entstanden, und zu Beginn des 20. Jahrhunderts existierte im Deutschen Reich etwa vierzig dieser privatrechtlichen Spezialbanket Diese Entwicklung führte dazu, daß der Gesetzgeber im Jahre 1900 mit der Erlaß des Hypothekenbankgesetzes (HBG) den rechtlichen Rahmen für di Tätigkeit der Hypothekenbanken schuf, der bis heute gültig ist.
Die von einer Hypothekenbank ausgereichten Hypothekendarlehen habei den Zweck, den Kauf oder Neubau von Eigentumswohnungen, Ein- und Mehr familienhäusem, Mietshäusern und gewerblich genutzten Gebäuden zu flnan zieren. Aber auch die Modernisierung und Sanierung oder der Umbau eine] Immobilie werden häufig über Hypothekarkredite finanziert.
Als Sicherheit für solche Darlehen fungiert eine Grundschuld, also ein Pfandrecht, das im Grundbuch eingetragen wird. Die Grundschuld berechtigt eine Hypothekenbank, über das verpfändete Grundstück dann zu verfügen, wenn bei der Rückzahlung des Darlehens erhebliche Rückstände oder andere Schwierigkeiten auftreten, die auf andere Weise nicht gelöst werden können.
In der von Universalbanken bestimmten deutschen Bankenlandschaft stellen die Hypothekenbanken die bedeutendsten Spezialbanken dar. Zweiundzwanzig der deutschen Hypothekenbanken betätigen sich ausschließlich auf den beiden oben genannten Geschäftsfeldern, zwei weitere Hypothekenbanken dürfen aufgrund einer Ausnahmevorschrift des HGB auch noch Geschäftsbereiche einer Universalbank wahrnehmen. Die meisten deutschen Institute können auf eine über hundertjährige Firmengeschichte zurückblicken.
Die Hypothekenbanken sind bedeutende Kapitalgeber für den Wohnungsund Gewerbekredit sowie die Finanzierung staatlicher Aufgaben. Dir klassisches Refinanzierungsinstrument ist dabei der Pfandbrief. Auf die Emissionen der Hypothekenbanken entfallen mit über 600 Mrd. Euro knapp zwei Drittel des gesamten deutschen Pfandbriefvolumens. Verstärkt sind die Hypothekenbanken auch im Ausland aktiv.
Bei der Mittelbeschaffung sind die Hypothekenbanken Kapitalmarktinstitute, das heißt, sie refinanzieren sich fast ausschließlich durch die Ausgabe von Schuldverschreibungen am Kapitalmarkt. Auch die Hypothekenbanken unterliegen der Aufsicht des Bundesaufsichtsamtes ßr das Kreditwesen.
Bei ihren Kreditgeschäften sind die Hypothekenbanken auf den Boden- und- Staatskredit beschränkt (§ 1 des Hypothekenbankengesetzes). Sie orientieren sich im Kreditgeschäft am beliehenen Grundstück und nicht am Kreditnehmer. Da sie also keine Personalkredite ausreichen, sondern sogenannte Objektkredite, werden sie auch als Realkreditinstitute bezeichnet. Ihre Immobilienfinanzierung unterscheidet sich von anderen Kreditinstituten dadurch, daß sie durch ihre Kredite allein das Grundpfandrecht an einem Grundstück sichern.
Das zweite Geschäftsfeld der Hypothekenbanken ist, wie bereits erwähnt, der Staatskredit, also die Vergabe von Krediten an den öffentliche Schuldner. Staatskredite werden sowohl an inländische als auch an ausländische Öffentliche Schuldner vergeben. Die Vergaben an ausländische staatliche Institutionen sind ein Wachstumsmarkt für die Hypothekenbanken. Bei staatlicher Bürgschaft oder anderer staatlicher Gewährleistung können jedoch auch privatrechtliche Kreditnehmer in den Genuß eines Hypothekenbankendarlehens kommen.
Staatskredite können bekommen Gebietskörperschaften wie der Bund, die Länder, die Gemeinden und auch Gemeindeverbände, Sozialversicherungsträger und berufsständische Vereinigungen (z. B. Handwerkskammer, Industrie- und Handelskammer), öffentlich-rechtliche Zweckverbände, Religionsgemeinschaften, die als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannt sind, öffentlich-rechtliche Kreditinstitute und Versicherungen sowie die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Privatrechtliche Unternehmen im Besitz öffentlich-rechtlicher Körperschaften sind nicht staatskreditfähig. Der Bund, die Bundesländer und die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute sind die wichtigsten und vom Kreditvolumen größten Schuldner bei den Staatskrediten der Hypothekenbanken.
Es gibt zwei Arten von Staatskrediten, wie sie von den Hypothekenbanken vergeben werden.
Beim originären Staatskredit führt die Bank eine individuelle Kreditprüfung bei der kreditnehmenden Körperschaft durch und schließt mit ihr einen Darlehensvertrag ab, ohne daß dingliche Sicherheiten erforderlich sind; die Kommune muß also nicht etwa Grundstücke für den Kredit verpfänden. Für den Kredit garantiert allerdings der deutsche Länderfinanzausgleich. Bei Zahlungsschwierigkeiten von Kommunen stehen die Länder, bei Zahlungsschwierigkeiten der Länder steht der Bund für diese ein.
Im Zentrum der zweiten Form des Staatskredits, also beim mittelbaren Staatskredit, stehen die Schuldverschreibungen. Der öffentliche Kreditnehmer schließt den Darlehensvertrag mit einem Unternehmen der Finanzdienstleistungsbranche, dem sogenannten Intermediär. Dieser Intermediär veräußert Teile des Darlehens in verbriefter Form (Schuldverschreibung) auf dem Kapitalmarkt, und zwar auch an Hypothekenbanken. Mit diesen Schuldscheinen kann die Bank dann weiterarbeiten, denn sie sind jederzeit weiterveräußerbar. Zur Refinanzierung der Staatskredite dient vor allem die Emission von Öffentlichen Pfandbriefen durch die Hypothekenbanken.
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