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Wirtschaftslexikon
Ausgabe 2017
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Wirtschaftspolitik

Beeinflussung, Gestaltung, Steuerung und Ordnung der wirtschaftlichen Aktivitäten der inländischen Wirtschaftseinheiten durch die - Träger der Wirtschaftspolitik. Richten sich die Maßnahmen auf die gesamte Volkswirtschaft, so spricht man von globaler Wirtschaftspolitik (darunter fallen auch Maßnahmen, welche die außenwirtschaftlichen Beziehungen betreffen). Konzentrieren sich die Maßnahmen im wesentlichen auf einzelne Regionen oder Sektoren der Volkswirtschaft, so spricht man von Regionalpolitik bzw. von sektoraler Wirtschaftspolitik (z.B. Agrar-, Verkehrs-, Energiepolitik). Dabei ist die Theorie der Wirtschaftspolitik oder auch allgemeine Wirtschaftspolitik (abgegrenzt von der praktischen Wirtschaftspolitik als tatsächlichem Gestalten) als eine Theorie der wirtschaftspolitischen Entscheidung zu verstehen, die sich auf drei Kernfragen reduzieren läßt: Wer entscheidet? Wie wird entschieden? Was wird entschieden? Die erste Frage weist auf die Träger und Inspiratoren der Wirtschaftspolitik hin. Als zentrales Problem existiert hier, wie die »faktischen« Träger bei der Zielfindung, Willensbildung und Durchführung wirtschaftspolitischer Maßnahmen zusammen- bzw. gegeneinander arbeiten und damit den Ausgang der Entscheidung bestimmen. Die Frage »Wie wird entschieden?« hat eine normative und eine deskriptive Seite. Beim deskriptiven Aspekt geht es darum, wie tatsächlich entschieden wird oder wurde, wobei das Verhältnis zwischen formeller und materieller Kompetenzverteilung (Macht) und der Art des Entscheidungsprozesses im Mittelpunkt steht. Im Brennpunkt der Theorie steht jedoch der normative Aspekt, der sich mit Hilfe der Begriffe »Rationalität der Wirtschaftspolitik« und »Optimierung des Ziel-MittelVerhältnisses« umschreiben läßt. Zentrale Probleme sind hierbei die Existenz und Darstellung individueller und sozialer (kardinaler) Ziel- und Präferenzfunktionen (Wohlfahrtsökonomik). Als Problem erscheint hier ferner, dass die Realisierung von Alternativen nicht nur von den (teilweise nicht quantifizierten) Zielen selbst, sondern auch vom Risikoverhalten (Risikofreude, -aversion) abhängt. Im Mittelpunkt der Theorie der Wirtschaftspolitik steht aber die Frage »Was wird entschieden?« Jede Entscheidung setzt Kenntnis der aktuellen Lage und Ziele voraus, deren Auseinanderklaffen zu politischer Aktivität führen. Nach herrschender Ansicht werden in der Wirtschaftspolitik die aus Werturteilen resultierenden Ziele als empirisches Faktum genommen und nicht begründet. Aufgabe der Wissenschaft ist es nur, die Zielinhalte und Zieldimensionen exakt zu definieren oder zu interpretieren, ferner die Zielsysteme hinsichtlich ihrer Konsistenz (Zielkonflikte) zu überprüfen. Im Rahmen der - Politischen Ökonomie wird dagegen auch untersucht, wie spezielle Zielinhalte zustande kommen. Die erforderlichen Kenntnisse werden durch die Bestimmung der aktuellen Lage gewonnen. Da sowohl diese – Diagnose wie die anschließenden Aktivitäten Zeit erfordern, ist es häufig sinnvoll, eine Prognose unter der Annahme einer unveränderten Politik zu erstellen. Kennt man so die künftige Lage, geht es im weiteren um Abweichungen zwischen den Zielen und dieser Situation. Werden Spannungen konstatiert, geht es im nächsten Schritt darum, die Wirkungen der alternativen wirtschaftspolitischen Maßnahmen oder - Instrumente abzuschätzen. Die »Planungsphase« findet hier ihren Abschluß. Es folgt nun die Entscheidung, die Auswahl der einzusetzenden Instrumente sowie deren Dosierung. Dabei sollte beachtet werden, dass nicht nur die Planung, die Entscheidung und die Durchführung Zeit erfordern (inside lag), sondern auch die Wirksamkeit der Instrumente erst im Zeitablauf einsetzt (outside lag). Häufigkeit und Ausmass dieser Handlungs- und Wirkungsverzögerungen bestimmen Flexibilität und Schnelligkeit wirtschaftspolitischen Handelns. Damit wird das »timing« (»etwas zur rechten Zeit tun«) zu einem weiteren Problem der Wirtschaftspolitik. Jan TINBERGEN nimmt eine Dreiteilung der Wirtschaftspolitik vor: Sie umfaßt quantitative, qualitative und reformerische Maßnahmen. Quantitative Maßnahmen (Veränderung der Werte der Instrumentvariablen) lassen den institutionellen Rahmen (Struktur des ökonomischen Modells) unverändert. Ihnen ordnet man die Prozeß- oder Ablaufpolitik zu, die es dann auch nur mit kurzfristigen Maßnahmen (z.B. der - Geldpolitik, Fiskalpolitik, Zahlungsbilanzpolitik) zu tun hat. Qualitative Maßnahmen führen zu Veränderungen der strukturellen Beziehungen des Systems; ihnen ordnet man die - Strukturpolitik zu. Dabei geht es um eine längerfristig wirksame Beeinflussung der Wirtschaft. Reformen schließlich bedeuten eine Änderung der Grundlagen des Systems, eine Transformation des Systems; sie sind das umfassendste Bündel von Maßnahmen, das man der Ordnungspolitik zuordnet. Die Gestaltung der Wirtschaftsordnung ist die Grundentscheidung der Wirtschaftspolitik, wobei nicht nur der Rahmen für wirtschaftspolitisches Handeln abgesteckt, sondern auch die Organisation der Wirtschaftstätigkeit selbst reguliert ist. Prinzipiell sind diese Entscheidungen auf Dauer angelegt. Diese Dreiteilung in Prozeß, Struktur und Ordnung ist wegen der Schwierigkeiten einer eindeutigen Zuordnung bestimmter wirtschaftspolitischer Maßnahmen, auch aufgrund der allgemeinen ökonomischen Interdependenz, nicht unumstritten; ihr ist aber ein gewisser heuristischer Wert nicht abzusprechen. Bei komplexen Entscheidungssituationen (mehrere Ziele, mehrere Maßnahmen) empfiehlt es sich, das Entscheidungsproblem zu formalisieren. Man gelangt dabei entweder zu Entscheidungsmodellen (Quantitative Wirtschaftspolitik) oder zu Ordnungsmodellen. Im Gegensatz zu den Entscheidungsmodellen ist bei den Ordnungsmodellen die Wirtschaftsstruktur (oder auch die Grundlage des Systems) nicht gegeben, vielmehr ist hier die geeignetste Struktur gesucht. Sie stellen somit einen Maßstab für strukturelle (teilweise auch reformerische) Maßnahmen der Wirtschaftspolitik dar. Allerdings liegen solche Modelle, trotz der in jüngster Zeit virulent gewordenen Transformation sozialistischer in marktwirtschaftliche Ordnungen, erst in Ansätzen vor, noch fehlt eine ausgebaute Systemtheorie. Literatur: Teichmann, U. (1993). Streit, M.E. (1999)

(1) Begr. f. d. Teilgebiet der Wirtschaftswissenschaft, das sich mit der grundsätzlichen Systematik der Zielsetzungen, Träger, Instrumente und Bereiche der Wirtschaftsgestaltung befasst. (2) Begr. f. d. praktische Umsetzung der Gestaltungsaufgabe der Wirtschaft.

umfaßt alle Maßnahmen des Staates und der Zentralbank, die dazu dienen, den Ablauf des Wirtschaftslebens so zu gestalten, daß ein Höchstmaß an Wohlfahrt erreicht wird. Die Wirtschaftspolitik hängt im einzelnen von der geltenden Wirtschaftsordnung ab. Zur Wirtschaftspolitik gehören die Konjunkturpolitik und die Fiskalpolitik, die der Staat wahrnimmt, sowie die Währungspolitik und die Kredit- und Geldpolitik, die in der Bundesrepublik von der Deutschen Bundesbank wahrgenommen werden (siehe dort). Grundsätzliche wirtschaftspolitische Zielsetzungen sind im Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft bzw. im Magischen Viereck enthalten.





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