Innovation
(Innovationsprozeß): In der Soziologie ganz allgemein ein sozialer Prozess, durch den neue Ideen und Techniken, bislang unbekannte Produkte oder Rollen in einem sozialen System oder Subsystem hervorgebracht, durchgesetzt, übernommen und angewendet werden. Die sozialökonomische Futurologie, in deren Mittelpunkt die Entwicklung des Wirtschaftswachstums und damit der Nachfrage vor dem Hintergrund eines je gegebenen technischen Entwicklungsstandes und des technischen und ökonomischen Fortschritts stehen, beschäftigt sich neben der Entstehung und Entwicklung von wissenschaftlichen Entdeckungen durch Grundlagenforschung und ihrer praktisch-technischen Umsetzung durch angewandte Forschung in Form von - Erfindungen (Invention) auch mit ihrer technisch-ökonomischen Realisierung in Form von neuartigen Gütern bzw. Leistungen (Innovationen) ebenso wie mit der Bereitschaft, die Neuentwicklungen zu verwerten, Rezeption, mit dem Prozess der Kommunikation von Innovationen an die Mitglieder eines sozialen Systems, - Diffusion, sowie mit dem Prozess der Obernahme und Durchsetzung der Innovation durch die Mitglieder des sozialen Systems, Adoption (Implementation).
Einige Autoren trennen den Prozess der Erfindung von dem der Innovation und betrachten Innovation vorwiegend unter dem Aspekt des sozialen Wandels. Im allgemeinen überwiegen in der Fachliteratur zum Thema Innovation jedoch Arbeiten, die sich mit den Themen Diffusion und Adoption befassen. Insbesondere im Mittelpunkt der Marketing- und Marktforschungsliteratur steht der Prozess, durch den neue Produkte und Produktideen in Volkswirtschaften eingeführt werden. Auch in der marktpsychologischen Fachliteratur ist von Innovationen meist nur im Zusammenhang mit den sog. Kreativitätstechniken beim innerbetrieblichen Prozess der Entwicklung und Lancierung von Neuerungen die Rede.
Im weitesten Sinne kann als innovativ alles Neue verstanden werden, ob es nun neue Gedanken, Theorien, Verfahren oder Produkte sind. In diesem Sinne definieren auch Everett M. Rogers und F. Floyd Shoemaker: “Eine Innovation ist eine Idee, eine Handlung oder ein Objekt, das von einem Individuum als neu wahrgenommen wird.” B. Ghiselin formuliert demgegenüber die Anforderung, dass eine Produktinnovation “ohne Vorläufer ist. Jedes Produkt muss in allen seinen Bestandteilen neu sein.”
Zwischen diesen beiden Extrempositionen bewegen sich die meisten der in der Fachliteratur anzutreffenden Definitionen. Nach Alfred Kieser ist von Produktinnovation dann zu sprechen, “wenn ein Unternehmen ein Produkt auf den Markt bringt, das bisher nicht im Produktionsprogramm dieses Unternehmens enthalten war; wird das betreffende oder ein ähnliches Produkt von der Konkurrenz bereits auf dem Markt angeboten, so ist zwar die Lösung einiger Teilprobleme der Produktinnovation für das Unternehmen einfacher, es müssen aber im Prinzip dieselben Phasen des Innovationsprozesses durchlaufen werden wie bei einer völligen Neuentwicklung.”
Die meisten Autoren nennen als weitere Kriterien für das Vorhandensein einer Innovation “Nützlichkeit” und “Wirkung”. Nützlichkeit ist gegeben, wenn sich durch ein Produkt im Vergleich zum bis dahin bestehenden Zustand eine Verbesserung ergibt. Die Wirkung einer Innovation Destent in ihrem Einfluss auf bisherige Verhaltens- und Denkgewohnheiten: Je radikaler sie verändert werden, desto höher ist der Innovationsgrad des neuen Produkts.
Eine Innovation kann mithin das Resultat von Marketingmaßnahmen sein, durch die den Konsumenten das Erlebnis einer Neuerung vermittelt wird, ohne dass dem entsprechende technische Neuerungen zugrundelägen, oder das Resultat des Einsatzes neuer technischer Materialien und Verfahren oder das Resultat einer Kombination von beiden.
Die Unternehmen setzen Innovationen als Instrumente und Motoren des wirtschaftlichen Wachstums ein. Zahlreiche Untersuchungen beschäftigen sich mit der Frage, durch welche strukturellen, sozialen, organisatorischen und individuellen Faktoren und Konstellationen Innovationen begünstigt werden: Die vielfach in der Literatur vertretene Ansicht, - monopolistische Märkte seien innovationsfeindlich, weil die Monopolunternehmen ihre - Marktstellung durch Innovationen nicht verbessern können, - oligopolistische Unternehmen seien hingegen innovationsfreundlich, weil sie die für die Finanzierung von Innovationen erforderliche Größe und aufgrund ihrer Marktstellung auch die dafür erforderliche Motivation haben, trifft zwar tendenziell zu, muss insgesamt relativiert werden, weil es auch in oligopolistischen Märkten zahlreiche Klein- und Mittelunternehmen gibt, die Innovationen entwickeln.
Innovationen treten überall dort auf, wo sich Marktnischen (Marktlücken) ergeben. Der Innovationsprozess steht dabei in engem Zusammenhang mit dem Assimilationsprozess. Für das den Innovationsprozess systematisch organisierende Unternehmen ist damit ein erhebliches Innovationsrisiko verbunden. Das Risiko kann technischer Art sein, d.h. darin bestehen, dass eine Produkt- oder Leistungsidee technisch nicht realisierbar ist. Es kann planerischer Art sein, indem es einen unangemessen hohen Aufwand an Zeit und Kosten erfordert. Es kann ökonomischer Art sein, wenn die realisierte Innovation wirtschaftlich nicht verwertet werden kann (Verwertungsrisiko).
Produktdifferenzierung, Diversifikation
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