Marketing
Seit seinem Aufkommen in der Zeit nach der Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert in den USA hat der Begriff des Marketing entwicklungsgeschichtlich bis zur heutigen Zeit verschiedene Bedeutungen angenommen. Ursprünglich bedeutete Marketing auch in den USA nichts anderes als die Lehre vom Absatz und
vom Handel in den Verkäufermärkten der Knappheitswirtschaft, also in Märkten, die durch eine das Angebot übersteigende Nachfrage charakterisiert sind, in denen die - Marketinglogistik (physische Distribution) der abzusetzenden Güter, ihre Vermarktung, das wesentliche Problem der Absatzwirtschaft war. Im Zuge des Übergangs von der Knappheitswirtschaft zur Ökonomie der affluenten Gesellschaft mit ihren durch einen Angebotsüberhang gekennzeichneten Käufermärkten, wurde Marketing immer mehr zum Schlüsselbegriff für eine Grundhaltung in der Unternehmensführung, “die sich mit konsequenter Ausrichtung aller mittelbar oder unmittelbar den Markt berührenden Entscheidungen an den evidenten Erfordernissen und Bedürfnissen der Verbraucher (Marketing als Maxime), mit dem Bemühen um Schaffung von Präferenzen und damit Erringung von Wettbewerbsvorteilen durch gezielten Einsatz des absatzpolitischen Instrumentariums (Marketing als Mittel) und mit der systematischen, moderne Techniken nutzenden Entscheidungsfindung (Marketing als Methode) umschreiben läßt” (Robert Nieschlag/Erwin Dichtl/Hans Hörschgen). Allerdings hat selbst die American Marketing Association (AMA) noch 1960 Marketing als The performance of Business activities that direct the flow of goods and services from producer to consumer or user” definiert.
Das mit dem weiteren Vordringen der Überflußgesellschaft bis in die 1960er Jahre sich weiter durchsetzende Marketingkonzept ist eine Konzeption der Unternehmensführung vom Markt her, die davon ausgeht, dass alle Unternehmensaktivitäten auf die Bedürfnisse, Wünsche und Gewohnheiten der Konsumenten ausgerichtet sein müssen. “Marketing bedeutet dementsprechend Planung Koordination und Kontrolle aller auf die aktuellen und potentiellen Märkte ausgerichteten Unternehmensaktivitäten. Durch eine dauerhafte Befriedigung der Kundenbedürfnisse sollen die Unternehmensziele im gesamtwirtschaftlichen Güterversorgungsprozess verwirklicht werden.” (Heribert Meffert) Nach Meffert sind für diese Konzeption sieben Aspekte charakteristisch:
1. Die bewußte Orientierung aller Unternehmensbereiche auf die Probleme Wünsche und Bedürfnisse aktueller und potentieller Kunden (Philosophieaspekt).
2. Die Erfassung und Beobachtung der für ein Unternehmen relevanten Umweltschichten (Käufer, Absatzmittler, Konkurrenten, Staat u.a.) zur Analyse ihrer Verhaltensmuster (Verhaltensaspekt).
3. Die planmäßige Erforschung des Markts (Informationsapekt).
4. Die aktive Beeinflussung und planmäßige Gestaltung des Markts, d.h. der zieladäquate und harmonische Einsatz aller Instrumente des Marketing-Mix (Aktionsaspekt).
5. Die bewußte Marktdifferenzierung, die durch Marktsegmentierung die Grundlage für eine intensitätsmäßig abgestufte Marktbearbeitung bildet (Segmentierungsaspekt).
6. Die organisatorische Verankerung des Marketingkonzepts in der Unternehmensorganisation und die entsprechende Koordination aller marktgerichteten Unternehmensaktivitäten (Koordinations- bzw. Organisationsaspekt).
7. Die Einordnung der Marketingentscheidungen in größere soziale Systeme (Sozialaspekt).
In den Sektoren der Volkswirtschaft hat sich Marketing und mithin auch das Marketingkonzept mit zeitlichen Verzögerungen ausgebreitet. Vorreiter war die Konsumgüterindustrie, Konsumgütermarketing, und hier vor allem die Markenartikelindustrie. Ihr folgten in Deutschland erst in der Zeit nach dem
2. Weltkrieg die Hersteller von - Produktivgütern, - Investitionsgütermarketing, Beschaffungsmarketing, und noch später der tertiäre Sektor, - Handelsmarketing, Dienstleistungsmarketing, Bankmarketing, Versicherungsmarketing Kommunalmarketing, - öffentliches Marketing, und der primäre Sektor, Agrarmarketing.
Zu Anfang der 1970er Jahre erfolgte mit der Formulierung des generischen Marketing (generic concept of marketing) und dem weiteren Schritt zum Metamarketing eine radikale Begriffserweiterung. Als Marketing wird seither definiert jede “menschliche Tätigkeit, die darauf abzielt, durch Austauschprozesse Bedürfnisse und Wünsche zu befriedigen bzw. zu erfüllen” (Philip Kotler). Diese Austauschprozesse können materieller und immaterieller Art sein, und im Zuge dieser Begriffserweiterung wird seither zwischen dem traditionellen kommerziellen Marketing auf der einen und dem Marketing von Nichtunternehmen, im einzelnen also dem Dienstleistungsmarketing, dem Organisationsmarketing, dem Personenmarketing, dem Kommunal-, Raum- oder öffentlichen Marketing und dem Soziomarketing auf der anderen Seite unterschieden.
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