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Wirtschaftslexikon
Ausgabe 2017
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Rückstellungen

In Abgrenzung zu den Verbindlichkeiten, bei denen genau bestimmbare Schulden ausgewiesen werden, dienen die Rückstellungen der Erfassung von dem Grunde und/oder der Höhe nach ungewissen Verbindlichkeiten, von drohenden Verlusten aus schwebenden Geschäften sowie von bestimmten Aufwendungen.
In § 249 Abs. 1 und 2 HGB sind die einzelnen Zwecke, für die Rückstellungen zu bilden sind oder gebildet werden dürfen, aufgeführt. Beispiele hierfür: Pensionsrückstellungen, Rückstellungen für im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung, die im folgenden Geschäftsjahr innerhalb von drei Monaten nachgeholt werden, und Rückstellungen für Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht wurden.

Rückstellungen sind Verpflichtungen, die dem Grunde und/oder der Höhe sowie dem Zeitpunkt nach noch nicht sicher feststehen. Dabei gilt gem. § 249 HGB eine Passivierungspflicht für folgende Schuldrückstellungen:

* ungewisse Verbindlichkeiten
* drohende Verluste aus schwebenden Geschäften
* Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden

und folgende Aufwandsrückstellungen:

* unterlassene Instandhaltungen, die innerhalb von 3 Monaten nach dem Bilanzstichtag nachgeholt werden
* Abraumbeseitigungen, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden.

Darüber hinaus besteht gem. § 249 HGB ein Ansatzwahlrecht für bestimmte Aufwandsrückstellungen:

* unterlassene Instandhaltungen, die innerhalb eines Zeitraums von 4 bis 12 Monaten nach dem Bilanzstichtag nachgeholt werden
* alle übrigen Aufwandsrückstellungen, d. h. für Aufwendungen, die ihrer Eigenart nach genau umschrieben und dem Geschäftsjahr oder einem früheren Geschäftsjahr zuzuordnen sind sowie am Abschlussstichtag wahrscheinlich oder sicher, aber hinsichtlich ihrer Höher oder des Zeitpunktes ihres Eintritts unbestimmt sind.

Der Unterschied zwischen einer Schuld- und Aufwandsrückstellung besteht darin, daß bei einer Schuldrückstellung gegenüber Dritten eine ungewisse Rechtsverpflichtung besteht, während bei einer Aufwandsrückstellung eine Selbstverpflichtung vorliegt, z. B. in Form eines Beschlusses der Unternehmensleitung zur Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen. Die Aufwandsrückstellungen stellen in den deutschen Handelsbilanzen ein wesentliches Instrument der Bilanzpolitik dar. In der Steuerbilanz sind die Aufwandsrückstellungen mit Ausnahme der Instandhaltungsrückstellungen für Maßnahmen, die innerhalb von 3 Monaten nachgeholt werden, verboten. US-GAAP und IAS lassen ebenfalls grundsätzlich nur den Ausweis von Schuldrückstellungen, nicht jedoch von Aufwandsrückstellungen, zu.

Nach US-GAAP und IAS muss der Eintritt der Verpflichtung wahrscheinlich sein, wobei wahrscheinlich im Sinne von höchstwahrscheinlich (Eintrittswahrscheinlichkeit in einer Größenordnung von ca. 70% und mehr) interpretiert wird, während nach HGB gem. dem Vorsichtsprinzip auch bei einer Eintrittswahrscheinlichkeit von weniger als 50% Rückstellungen gebildet werden. Soweit nach US-GAAP/IAS der Eintritt eines Risikos zwar möglich, aber nicht wahrscheinlich ist, muss über diesen Sachverhalt im Anhang berichtet werden.

US-GAAP/IAS und HGB unterscheiden sich bei der Rückstellungsbilanzierung neben der Bilanzierung dem Grunde nach auch bzgl. der Bilanzierung der Höhe nach. Die Rückstellungen sind nach HGB mit dem Wert anzusetzen, der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig ist, wobei das Vorsichtsprinzip zu beachten ist. (Grundsatz der Vorsicht), während nach US-GAAP und IAS grundsätzlich der wahrscheinlichste Betrag zurückzustellen ist. Für den Fall, dass alle Beträge innerhalb einer Bandbreite als gleich wahrscheinlich anzusehen sind, ist der niedrigste Betrag (bzw. nach IAS mindestens der niedrigste Betrag) anzusetzen. Bei der Bewertung besteht ferner insoweit ein Unterschied zwischen HGB und US-GAAP/IAS, als nach HGB in die Berechnung der Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften die Selbstkosten eingehen, d. h. auch die Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten sowie die Forschungs- und Entwicklungsgemeinkosten, während nach US-GAAP/IAS nur die aktivierungspflichtigen Herstellungskosten relevant sind. US-GAAP und IAS führen also sowohl vom Ansatz als auch der Höhe nach zu unterschiedlichen Rückstellungen im Vergleich zum HGB. Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied in der Rechnungslegung. In der Regel ist der Rückstellungsbetrag nach US-GAAP/IAS kleiner als nach HGB, mit Ausnahme der Pensionsrückstellungen.





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