Factoring
Ein Verfahren der Absatzfinanzierung, bei dem ein Finanzierungsunternehmen, der Factor, die Forderungen einer möglichst geschlossenen Lieferantengruppe aufkauft und mit dem Erwerb der Forderungen auch die Debitorenbuchhaltung und -verwaltung übernimmt. Durch die Abtretung können die Lieferanten mittelfristige Finanzierungslücken ausgleichen, die sich aus den Laufzeiten der Forderungen ergeben könnten, indem sie noch vor Fälligwerden Vorschüsse des Factors in Anspruch nehmen und sich die Kosten und den Aufwand für die Debitorenverwaltung sparen.
Factoring ist mithin definiert als “der laufende Ankauf und die Verwaltung (Fakturierung, Buchführung, Mahnwesen, Inkasso) von Forderungen aus Warenlieferungen und Dienstleistungen aufgrund längerfristiger vertraglicher Vereinbarungen mit oder ohne Übernahme des Bonitätsrisikos und Bevorschussung der Forderungen durch ein spezialisiertes Finanzierungsinstitut.” (Johann Heinrich von Stein)
Im allgemeinen unterscheidet man zwischen den folgenden Varianten des Factoring:
1. Echtes Factoring (oder Standard-Factoring): Dieses Verfahren ist in der Bundesrepublik am häufigsten. Der Factor kauft von seinem Factoring-Kunden (Anschlußkunden) sämtliche Forderungen an dessen Abnehmer, wobei in der Regel pro Abnehmer gemäss dessen Bonität Höchstlimits vereinbart sind. Sobald der Factor von seinem Factoring-Kunden die Rechnung erhält, bevorschußt er diese Rechnung zu 80 bis 90 %, so dass der Factoring-Kunde sofort über Liquidität verfügt. Der restliche Rechnungsbetrag wird auf einem Sperrkonto einbehalten, bis der Abnehmer der Waren die Rechnung bezahlt. Skontoabzüge oder sonstiges werden durch den Abnehmer einbehalten und als Abzüge von der Restsumme beglichen. Außerdem kann für den Fall des Zahlungsausfalls durch den Abnehmer mit dem Factoring-Kunden vereinbart sein, dass dann die Auszahlung des Restbetrages durch den Factor entfällt. In der Regel haben die Forderungen beim Factoring eine Maximallaufzeit von 90 Tagen. Mit dem Kauf der Forderung übernimmt der Factor meist das Delkredere-Risiko.
2. Fälligkeits-Factoring: Diese Variante unterscheidet sich vom echten Factoring dadurch, dass es keine Bevorschussung der eingereichten Rechnung gibt. Der Factor zahlt an seinen Kunden erst, wenn die Forderung, etwa nach 90 Tagen, fällig geworden ist.
3. Export-Factoring: Factoring ist selbstverständlich auch im Außenhandel möglich und sinnvoll, zumal hier die Risiken in der Regel größer sind als im Binnenhandel. Allerdings spielt sich das Factoring im Export etwas komplizierter ab. Zunächst kommt es zur Vertragsgestaltung zwischen dem Forderungsverkäufer, also dem Factoring- oder Anschluß-Kunden, und dem Factor, der in diesem Fall als Export-Factor auftritt. Da der Export-Factor nicht selbst rund um die Welt präsent sein kann, arbeitet er mit einem Factor im Bestimmungsland für die Ware zusammen, dem sogenannten Import-Factor. Dieser prüft die Kreditwürdigkeit des End-Abnehmers der Ware und setzt ein Kreditlimit fest, bis zu dem nach seiner Ansicht gefahrlos exportiert werden kann. Der Import-Factor, der sich also mit dem Export-Factor die Arbeit teilt, muss die Forderung eintreiben. Der Factoring-Kunde erhält sein Geld vom Export-Factor, der zusehen muss, dass er vom Import-Factor sein Geld zurückerhält. Das geht normalerweise reibungslos, weil der Import-Factor gegenüber dem Export-Factor eine Haftungszusage abgibt.
4. Unechtes Factoring: Bei dieser Variante übernimmt der Factor nicht das Delkredere-Risiko. Da es sich hier nach höchstrichterlichen Urteilen um ein Kreditgeschäft handelt, bei dem auch sämtliche damit zusammenhängenden Probleme wie der verlängerte Eigentumsvorbehalt der Lieferanten auftreten, spielt diese Variante heute kaum noch eine Rolle.
5. Forfaitierung: Dieses Finanzierungsinstrument wird vornehmlich im Export eingesetzt. Anders als beim Factoring werden meist mittelfristig Forderungen auch gegenüber wechselnden Kunden vom Forfaiteur gekauft, der wegen des höheren Risikos auf einer Absicherung der Forderung durch Akzept, Aval oder auch Bankgarantie besteht. Der Forfaiteur übernimmt nicht nur das Delkredere-Risiko, sondern auch das politische, das Transfer- und das Währungsrisiko. Der Forderungsverkäufer haftet nur für den restlichen Bestand der Forderung.
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