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Wirtschaftslexikon
Ausgabe 2017
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Factoring

Ein Verfahren der Absatzfinanzie­rung, bei dem ein Finanzierungsunternehmen, der Factor, die Forderungen einer möglichst ge­schlossenen Lieferantengruppe aufkauft und mit dem Erwerb der Forderungen auch die Debito­renbuchhaltung und -verwaltung übernimmt. Durch die Abtretung können die Lieferanten mit­telfristige Finanzierungslücken ausgleichen, die sich aus den Laufzeiten der Forderungen erge­ben könnten, indem sie noch vor Fälligwerden Vorschüsse des Factors in Anspruch nehmen und sich die Kosten und den Aufwand für die De­bitorenverwaltung sparen.
Factoring ist mithin definiert als “der laufende An­kauf und die Verwaltung (Fakturierung, Buchfüh­rung, Mahnwesen, Inkasso) von Forderungen aus Warenlieferungen und Dienstleistungen auf­grund längerfristiger vertraglicher Vereinbarun­gen mit oder ohne Übernahme des Bonitätsrisi­kos und Bevorschussung der Forderungen durch ein spezialisiertes Finanzierungsinstitut.” (Jo­hann Heinrich von Stein)
Im allgemeinen unterscheidet man zwischen den folgenden Varianten des Factoring:

1. Echtes Factoring (oder Standard-Factoring): Dieses Verfahren ist in der Bundesrepublik am häufigsten. Der Factor kauft von seinem Facto­ring-Kunden (Anschlußkunden) sämtliche Forde­rungen an dessen Abnehmer, wobei in der Regel pro Abnehmer gemäss dessen Bonität Höchstli­mits vereinbart sind. Sobald der Factor von sei­nem Factoring-Kunden die Rechnung erhält, be­vorschußt er diese Rechnung zu 80 bis 90 %, so dass der Factoring-Kunde sofort über Liquidität verfügt. Der restliche Rechnungsbetrag wird auf einem Sperrkonto einbehalten, bis der Abnehmer der Waren die Rechnung bezahlt. Skontoabzüge oder sonstiges werden durch den Abnehmer ein­behalten und als Abzüge von der Restsumme beglichen. Außerdem kann für den Fall des Zah­lungsausfalls durch den Abnehmer mit dem Fac­toring-Kunden vereinbart sein, dass dann die Aus­zahlung des Restbetrages durch den Factor entfällt. In der Regel haben die Forderungen beim Factoring eine Maximallaufzeit von 90 Ta­gen. Mit dem Kauf der Forderung übernimmt der Factor meist das Delkredere-Risiko.

2. Fälligkeits-Factoring: Diese Variante unter­scheidet sich vom echten Factoring dadurch, dass es keine Bevorschussung der eingereichten Rechnung gibt. Der Factor zahlt an seinen Kun­den erst, wenn die Forderung, etwa nach 90 Ta­gen, fällig geworden ist.

3. Export-Factoring: Factoring ist selbstverständ­lich auch im Außenhandel möglich und sinnvoll, zumal hier die Risiken in der Regel größer sind als im Binnenhandel. Allerdings spielt sich das Factoring im Export etwas komplizierter ab. Zu­nächst kommt es zur Vertragsgestaltung zwi­schen dem Forderungsverkäufer, also dem Factoring- oder Anschluß-Kunden, und dem Factor, der in diesem Fall als Export-Factor auftritt. Da der Export-Factor nicht selbst rund um die Welt präsent sein kann, arbeitet er mit einem Factor im Bestimmungsland für die Ware zusammen, dem sogenannten Import-Factor. Dieser prüft die Kreditwürdigkeit des End-Abnehmers der Ware und setzt ein Kreditlimit fest, bis zu dem nach sei­ner Ansicht gefahrlos exportiert werden kann. Der Import-Factor, der sich also mit dem Export-Factor die Arbeit teilt, muss die Forderung eintrei­ben. Der Factoring-Kunde erhält sein Geld vom Export-Factor, der zusehen muss, dass er vom Im­port-Factor sein Geld zurückerhält. Das geht nor­malerweise reibungslos, weil der Import-Factor gegenüber dem Export-Factor eine Haftungszu­sage abgibt.

4. Unechtes Factoring: Bei dieser Variante über­nimmt der Factor nicht das Delkredere-Risiko. Da es sich hier nach höchstrichterlichen Urteilen um ein Kreditgeschäft handelt, bei dem auch sämtli­che damit zusammenhängenden Probleme wie der verlängerte Eigentumsvorbehalt der Lieferan­ten auftreten, spielt diese Variante heute kaum noch eine Rolle.

5. Forfaitierung: Dieses Finanzierungsinstrument wird vornehmlich im Export eingesetzt. Anders als beim Factoring werden meist mittelfristig For­derungen auch gegenüber wechselnden Kunden vom Forfaiteur gekauft, der wegen des höheren Risikos auf einer Absicherung der Forderung durch Akzept, Aval oder auch Bankgarantie be­steht. Der Forfaiteur übernimmt nicht nur das Delkredere-Risiko, sondern auch das politische, das Transfer- und das Währungsrisiko. Der For­derungsverkäufer haftet nur für den restlichen Bestand der Forderung.





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